av Hinrich Borkenstein
275,-
Ey, wenn wird denn das unzeitige Singen einmal aufhören? Ich habe euch schon so oft darum ersucht. Alle Nachbarn sprechen davon. Sie nennen euch bereits die scheinheilige Schwestern, und es ist recht. Ihr verstehet eben so wenig was ihr singet, als ein Papagey was er spricht. Habt ihr denn keinen vernünftigern Zeitvertreib? ... Aber sagt mir, aus was Ursache versteckt ihr eure Bücher vor mir? Seyd ihr etwan bange, daß ich mitsinge? Ihr habet euch doch nicht gar zu wohl vorgesehen, denn hier lieget eins auf der Erde. Er nimmt es geschwinde auf. Laß sehen, was ihr denn gesungen? Er liest. Sechs schöne, neue, weltliche Lieder. 1. Hat dich denn das Ungelücke wieder in den Krug geführt? 2. Gesellen höret an, was mich für Jammer quälet. 3. Ihr Schwäger stellt euch nur bey Tag und Nächten ein. 4. Hans und Gretgen will, morgen in der Still, eines mit einander wagen. 5. Ich bin der Arzt, ich bin der Mann, der allen Mädgen helfen kann. 6. Liebstes Liesgen lege dich. Aber saget mir, schämet ihr euch nicht? Wenn das die Nachbarn merken, so werden sie erst schmälen. Bisher stehen sie in den Gedanken, daß ihr lauter erbauliche Lieder singet; wenn sie aber hinter den wahren Inhalt derselben kommen werden; was haben sie nicht Ursache zu sprechen? Schöne neue weltliche Lieder. Er liest abermal. Ich bin ein rechter Engel, ich bin ganz ohne Mängel, vom Fuß bis auf das Haupt, und wer mir das nicht glaubt, der darf mich nur probieren etc. Trefliche Moralia. Denkt doch! Mutter, Tochter und Mägde sitzen und singen weltliche Lieder, dazu so vortreflich Zeug, welches sich recht vor Leute schicket, die sich so viel einbilden, als ihr thut.